Vers Presse Ce très cher Serge

Aquaserge? Serge aus dem Wasser? Der Wassersergius? Auf der Internetpräsenz der im Jahre 2005 gegründeten Band steht zu lesen, dass der Name in der Tat etwas mit einem wässrigen Serge zu tun hat. Allerdings, so ließt man weiter, ist das ganze auch ein französisches Wortspiel, welches dann in etwa "wozu diene ich" bedeutet. Ich habe zugegebenermaßen Französisch nach der Mittelstufe abgewählt, doch irgendetwas wie "a quoi serve je" klingt ja recht ähnlich. Trotzdem ist wohl Serge der wahre Namensgeber, ein geheimnisvoller Charakter à la Kapitän Nemo, der mit seinem zigarrenförmigen Unterseeboot die Tiefen der Weltmeere durchstreicht und mit diesem auch das Cover des ersten, Ende 2009 erschienen Albums von Aquaserge ziert (davor erschien 2008 die Vinyl-EP "Tahiti Coco").

Aquaserge sind dieses Jahr (2010) im Aufgebot des französischen RIO-Festivals, was schon ein ganz brauchbarer Hinweis in Bezug auf die auf "ce très cher serge, spécial origines" zu findende Musik ist. Nach dem A-cappella-Chor von "la genèse" klingen die ersten Takte von "un soir de tempete" dann auch sehr nach französischem RIO, nach Etron Fou Leloublan z.B.. Im weiteren Verlauf des Albums stellt man dann aber fest, dass es hier noch sehr viel mehr und anderes zu hören gibt. Die Band selbst nennt (Zitat) "kraut giants such as Neu! and Faust, anglo-saxon pop, Soft Machine, Zappa" als Einflüsse. Gewisse repetitive Abschnitte à la Neu! lassen sich in der Tat ausmachen, wirre Faust-Dada-Gemenge auch (wobei Aquaserge nie holprig oder dilettantisch zu Gange sind) und jazzig-canterbureske Einflüsse und ein Schuss Zappa sind auch vorhanden. Trotzdem ist das hier Gebotene eine recht eigene Mischung, eine Art von Retro-RIO-Rock, der auf durchaus melodische und kurzweilige Art und Weise Schräges, Jazziges, Spaciges, Elektronisches und Retroproggiges geschickt miteinander vermengt. Sehr vieles aus den 70ern steckt hier drin. "Tombé dans la selve" und "les algues" klingen z.B. deutlich nach Gong (den Gong von "Camembert Electrique" und "Flying Teapot" - hier ist passenderweise Makoto Kawatabe von Acid Mothers Temple als Gast zu hören) und das lange "visiones" sehr nach Canterbury, vor allem (wohl wegen des hochtönenden Gesangs) erinnert das Stück an die Musik von Robert Wyatt (so um "Rock Bottom"). Getragen bis schwungvoll, sehr abwechslungsreich und farbig, durch die diversen streichenden und blasenden Gäste bisweilen in kammerprogressive Gefilde vorstoßend und immer gutgelaunt schreite die Musik auf "ce très cher serge, spécial origines" voran. Seltsam schräg, zumindest reichlich bizarr ist das Ganze dabei aber immer, bleibt aber immer gut hörbar und rund. Aquaserge bieten auf ihrem ersten (recht kurzen) Vollängen-Tonträger einen sehr unterhaltsamen Retro-RIO-Prog, den ich so bisher noch nicht auf die Ohren bekommen habe. Antesten!